WELTMEISTERLICH!!!
die Mannschaft, die für Deutschland die Bronze Medaille gewonnen hat.
V.l.n.r.: Stefan Szabo, Hans-Werner Sinnwell, Claudiu Pusa, Frank Heynen und Jörg Heynen
5 Medaillen für Judoka aus dem Kreis Aachen bei der Ü 30 WM in Wien
Vom 30.06. bis 04.07.2004 fanden im Wiener Matsumae Center die World Judo Masters Championships 2004 statt. Dies sind die offiziellen Weltmeisterschaften der über 30jährigen, die jeweils in 5-Jahres-Kategorien (30-34 Jahre, 35-39 Jahre, 40-44 Jahre etc. ...) gegeneinander antreten.
An den Start gingen:
Heribert Hunds -66 kg in der Alterskategorie M4 (45-49 Jahre)
Ulrich Kreutz -73 kg, Roland Schiffler -100 kg und Jörg Heynen -81 kg in der AK M3 (40-44 Jahre)
Frank Heynen -100 kg in der AK M1, 30-34 Jahre
Am Freitag starteten die Klassen M3 und M4 (also alle von 40 bis 49 Jahren) und mit ihnen Heribert, Uli, Roland und Jörg.
Heribert "Harry" Hunds, der unter anderem für diese WM gemeldet hatte, um sich auch gesundheitlich unter Druck zu setzen hatte 12 Teilnehmer in seiner Alters- und Gewichtsklasse. Im ersten Kampf hatte er ein Freilos, in der nächsten Runde besiegte er den Briten Clive Biggs mit einer großen Wertung und konnte vor allen Dingen auf seine große Judoerfahrung zurückgreifen. Durch diesen Sieg im ersten Kampf nach über einem Jahrzehnt aktiver Judo-Abstinenz rückte Harry in das Pool-Finale vor, das er jedoch gegen den sehr guten späteren Weltmeister Sandy North aus den USA verlor. Im abschließenden Kampf um den dritten Platz war Harry leider ohne Chance gegen den Rumänen Marto Petros und wurde so 5.
Ulrich "Uli" Kreutz muss wohl niemandem mehr vorgestellt werden. Der beste Judoka aus dem Aachener Raum hatte sich gewissenhaft auf diese WM vorbereitet, war sogar extra zu den British Masters Open gereist (wo er gewann), um sich in einer optimalen Form zu präsentieren. Ich darf
vorwegnehmen: Es gelang auf beeindruckende Weise. Uli schlug nacheinander im 35 Teilnehmer starken Feld den Österreicher Erwin Haering, den Italiener Franco Ghiringhelli (3. der letzten WM), den Rumänen Rau Leboccki und den Belgier Patrick Hendrick mit jeweils verschiedenen Techniken und ließ keinem von ihnen eine Chance. Sogar die Kampfrichter gratulierten Uli im Laufe des Turniers zu seinem tollen Judo. Somit stand Uli im Finale dem Russen Igor Glyvuk gegenüber, der sich auf Uli einzustellen versucht hatte. Dies gelang auch recht gut, der Kampf stand bei Ende der regulären Zeit 0-0.
Im Golden-Score gelang Uli jedoch der entscheidende Haltegriff, der zum Sieg führte.
WELTMEISTER! Wir fielen unserem "Star" alle um den Hals, sein Riesenaufwand hatte sich gelohnt...
Roland "Rofix" Schiffler hatte im Vorfeld der WM versucht, in Form zu kommen, war jedoch von Verletzungspech geplagt, so dass man nicht wusste, was man erwarten sollte. Speziell die ca. 7 Jahre Wettkampfpause machten die Sache schwierig. Sein Vorsatz deshalb: Ein Mal gewinnen. Das hat dann auch geklappt, und zwar viermal im 20 Teilnehmer-Feld... Nacheinander hatten Epps (GBR), Friedman (USA) und Svatek (SLV) dem sehr guten und variablen Griff nichts entgegenzusetzen, und somit landete Roland überraschend aber hochverdient im Finale dieser WM. Hier lauerte der starke Brasilianer Santanna. Rofix stellte sich auf das Finale ein, und es wurde ein packender Kampf, der von allen anwesenden Deutschen und Brasilianern lautstark begleitet wurde. Nach der regulären Kampfzeit stand es unentschieden, so dass beide in die Verlängerung mussten. Nach mehr als zwei Minuten griff der Brasilianer an, Roland übernahm die Technik und donnerte seinen Gegner mit O-Soto-Gari in die Matte.
WELTMEISTER! Roland erstickte fast ob der vielen Gratulanten, die ihn nach diesem Triumph in die Arme nehmen wollten.
Jörg Heynen hatte sich ähnlich wie Uli Kreutz gewissenhaft auf diese WM vorbereitet, und ihm wurde neben Uli am ehesten eine Medaille zugetraut. Zunächst sah auch alles danach aus: Gegen den Russen Igor Solin und den sehr starken späteren Dritten Paulo Manolo aus Italien setzte es Siege. Da Jörg
in der ersten Runde ein Freilos hatte, bedeutete dies, das er bei 35 Teilnehmern mit einem weiteren Sieg im Poolfinale stehen würde. Doch zuerst musste der Ex-Georgier (jetzt Israeli) Djangirashvili geschlagen werden.
Jörg führte mit Koka, und es waren nur noch 3 Sekunden zu kämpfen, als er versuchte, seinen Gegner mit Fußstoppwurf zu werfen. Dieser, ohnehin schon abgebückt kämpfend, fasste Jörgs Bein und warf ihn auf die Seite - Yuko und Schlussgong. Jörg hatte durch eine Uncleverness das mögliche Finale
verschenkt, und die ganze deutsche Delegation war geschockt. Das schlimmste aber war: Mit dieser Niederlage kam Jörg in die gleiche Trostrunde wie der amtierende Weltmeister Ben Spijkers (NL).
In dem mit Spannung erwarteten Kampf verlor Jörg mit Yuko gegen Yuko und Koka und war damit ausgeschieden. Den Yuko machte Spijkers mit einer Kontertechnik, in der Lage, Jörg mit einer offensiven Aktion zu werfen, war der ehemalige Vizeweltmeister und amtierende Masters-Weltmeister nicht. Schwacher Trost für Jörg, der sich eine Medaille so sehr gewünscht hatte...
Am Samstag starteten die Altersklassen M1 und M2, endlich durfte also auch Frank Heynen ins Geschehen eingreifen. In seiner Klasse waren 13 Teilnehmer gemeldet, und der erste Gegner war der Brasilianer Luciano da Silva, der mit Uchi-Mata jedoch ebenso vorzeitig von der Matte geschickt wurde wie der nächste, der Franzose David Cargnelutti (Schiebewürger). Damit stand Frank im Poolfinale gegen den Lokalmatador Thomas Etlinger, das er wegen eines zu offensiven Angriffs verlor - Etlinger beförderte ihn mit Ura Nage auf den Rücken. Um Platz drei ging es dann gegen den starken Ungarn Gabor Devenyi, mit dem Frank anfangs nicht so gut klarkam. Nach der Hälfte der Kampfzeit wurde dies jedoch besser, und als der Ungar zu einem Angriff mit dem linken Bein ansetzte, pfefferte Frank ihn mit O-Soto-Gari auf die Matte. Der sehnsüchtige Blick zum Kampfrichter brachte Gewissheit: Ippon und damit die Bronzemedaille. Wieder gab es großen Jubel in der nordrhein-westfälischen
Zuschauerschar.
Jörg Heynen entschied sich am Samstag, es noch einmal zu probieren und in der am Sonntag stattfindenden OPEN-Kategorie anzutreten. Die gleiche Idee hatten 23 andere Teilnehmer aus allen Gewichtsklassen. Jörgs erster Kampf gegen den Nordiren James Toland endete schnell mit Ura-Nage für Jörg. In der zweiten Runde musste Jörg gegen den Vizeweltmeister -100 kg Santanna (den Roland im Golden Score schlug) ran. Wieder ging der Kampf in die Verlängerung, diesmal siegte jedoch der Brasilianer. Damit musste Jörg den langen Weg durch die Trostrunde antreten, wollte er noch eine
Medallie holen. Zuerst schlug er dort den Nordiren Clive Roylance, dann den Deutschen Schweisshelm und schließlich den 100 kg schweren Russen Boris Gutov mit einer taktischen Meisterleistung. Endlich war er damit am Ziel:
Die ersehnte Einzelmedaille!
Teamwettbewerb
Zum Abschluss dieses Turniers fand der Mannschaftswettbewerb statt, und auch die Teilnehmer aus dem Kreis Aachen hatten eine Mannschaft gemeldet, die für Deutschland starten sollte. Nach Ihren Titelgewinnen zwei Tage zuvor waren jedoch weder Roland Schiffler noch Uli Kreutz (beide verletzt) in der Lage, an diesem Wettbewerb teilzunehmen. Heribert Hunds hatte schon vorher verzichtet, da abzusehen war, dass aufgrund der besonderen Regeln wahrscheinlich nur Schwergewichte in den Teams antreten würden. Kurzer Exkurs: Eine Mannschaft bei der Ü30-WM besteht aus 5 Kämpfern, die zusammen mindestens 200 Jahre alt sein müssen. Es gibt keine Gewichtsvorgaben, so dass viele Teams aus Schwergewichtlern
bestehen. Russland hatte z.B. einen Athleten bis 81 kg und vier Schwergewichtler in Ihren Reihen!
Es mussten also drei Kämpfer gefunden werden, die zusammen mit Jörg und Frank Heynen ein Team bilden sollten, das die Altersvorgabe erfüllte und Medaillenchancen hatte. Dies waren Claudio Pusa, unser früherer Trainer (37 Jahre alt, Weltmeister -90 kg), Hans-Werner Sinnwell aus Brühl (51 Jahre
alt, 5. bis 90 kg) und Stefan Szabo (41 Jahre alt, 81 kg), der Trainer vom Zweitligakonkurrenten Gelsenkirchen. Zusammen knapp über 200 Jahre alt, konnte man mit dieser NRW-Auswahl durchaus nach den Medaillen schielen...
Im ersten Kampf ging es gegen England II. Hans-Werner Sinnwell lieferte einen bärenstarken Kampf gegen den besten Engländer, der Kampf endete Unentschieden. Der Rest des Teams gewann und so war der Endstand 4:1.
In der zweiten Runde musste man gegen Brasilien antreten. Jörg gewann vorzeitig, ebenso Stefan. Hans-Werner musste sich einem erheblich jüngeren Gegner beugen. Dann kam Claudio und holten den siegbringenden dritten Punkt. Frank wurde daraufhin geschont, man war ja schon der Sieger.
Nun stand man im Poolfinale gegen den Favoriten Österreich. Da bei dem Mannschaftswettbewerb auf eine Trostrunde verzichtet wird, war man somit schon Medaillengewinner!! Die Freude währte jedoch nur kurz, jetzt wollte die Mannschaft auch die Ösis schlagen, auch wenn die Chancen gering waren.
Jörg siegte wieder souverän, 1:0 für uns. Stefan verlor gegen den Gaststarter der Österreicher, den Deutschen Sven Helbing. 1:1. Hans-Werners Kampfs war sehr umstritten: Gegen seinen viel jüngeren und schwereren Gegner wartete der Fuchs Sinnwell auf dessen Aktion, um ihn zu kontern. Dies gelang, es fielen jedoch beide Kämpfer zu Boden. Normalerweise würde man hier keine Wertung geben, der Kampfrichter hob jedoch den Arm und verkündete Ippon. Da Hans-Werner auf die Seite, sein Gegner aber auf den Rücken fiel, jubelten wir, waren jedoch SEHR überrascht, dass er dem Gegner den Sieg zusprach. Die Seitenrichter jedoch auch und dies verkündeten sie dem Hauptkampfrichter auch. Die Kampfrichter kamen zusammen, diskutierten sehr lang und gaben Yuko für den Deutschen. Hier schaltete sich der Kampfrichterchef von außen ein und monierte, das die Kampfrichter beim Kommando Ippon einig gewesen seien, und so nur bei der Frage, wem der Ippon gebührte, Entscheidungsspielraum hätten. Daraufhin wurde dem Österreicher unter lautem Protest der deutschen Mannschaft und vieler Zuschauer der Ippon und damit der Sieg zugesprochen. Zwischenstand 1:2. Im vorletzten Kampf trat Claudio gegen seinen ca. 25 kg schwereren Gegner an und konnte ein Unentschieden herausholen. Eigentlich zuwenig, denn der letzte Österreicher Gföllner, Gewinner der Open-Kategorie M3, wog 150 kg und war klarer Favorit gegen den über 50 kg leichteren Frank Heynen. Der war jedoch noch immer sauer ob der Entscheidung der Kampfrichter im Match von Hans-Werner Sinnwell und durch Jörg Heynen sehr gut auf diesen Kampf eingestellt: Es galt, den viel schwereren Gegner ohne Unterlass zu bewegen und vielleicht mit Schulterwurf zu werfen. Gföllner kam nicht mit den schnellen Angriffen Franks zurecht und wurde bald wegen Passivität bestraft. Der Versuch, den Brocken mit Schulterwurf zu werfen misslang jedoch: Der massige Österreicher reagierte einfach zu schnell... Das Problem des
Schwereren war jedoch die Ausdauer: er musste kräftig pumpen, und das motivierte Frank, weiter Druck zu machen. Dies merkten auch seine Teamkameraden und feuerten ihn ohne Unterlass an. Und dann zahlte sich alles aus: Gföllner versuchte einen Tani-Otoshi, Frank übernahm die Bewegung und
warf den Riesen mit Uchi-Mata auf den Rücken: Die Halle tobte, und Franks Mannschaftskollegen freuten sich ohne Ende. Für den Kampf bedeutete das, dass wegen des Gleichstands nun der eben
unentschiedene Kampf wiederholt werden musste, Claudio musste also noch einmal ran. Er führte durch eine Aktion kurz vor Ende (Yuko für O-Ouchi-Gari), musste sich dann aber von seinem Gegner umdrehen und in den Haltegriff nehmen lassen, aus dem es kein Entrinnen gab: Ippon für Österreich, Sieg und Finaleinzug, Bronze für unsere Mannschaft. Nach kurzer Enttäuschung gewann jedoch die Freude Oberhand, schließlich hatte man eine nicht erwartete Medaille geholt.
Österreich gewann das Finale gegen Russland mit 3:2 und wurde Weltmeister.
5 Medaillen also für die Teilnehmer aus dem Kreis Aachen bei ihrer Premiere bei der Ü 30-WM - viel
mehr als man in kühnsten Träumen erhofft hatte! Vielleicht überdenkt man ja noch mal die ablehnende Haltung gegen die EM in Sankt Petersburg im Oktober und die nächste WM in Toronto/Kanada im Juni 2005...
Auf dem Bild mit Urkunden sind (v.l.n.r.) zu sehen: Roland Schiffler
(Weltmeister Ü 40, -100 kg), Ulrich Kreutz (Weltmeister Ü 40, -73 kg),
Frank Heynen (3. Pl. Ü 30, -100 kg) und Jörg Heynen (3. Pl. Ü 40, Offene Klasse).
Ein Bericht von Frank Heynen